Der Musikverein Grafenau auf großer Fahrt
Es war ganz gewiss kein gewöhnlicher Pfingstausflug! Der Verein hatte die schöne Steiermark als Ziel ausgesucht mit dem Weltkulturerbe Graz als europäischer Kulturhauptstadt 2002. Das Programm versprach allerhand Interessantes, kulturell und landschaftlich Tolles und Beeindruckendes. Das Erlebnis der Tage von 8. bis 13. Mai 2008 entsprach in vollem Umfang den Erwartungen, die das Vorhaben bei den Vereinsmitgliedern geweckt hatte – so durfte es zumindest der als Gast teilnehmende Berichterstatter empfinden.
Los ging’s am Freitag vor Pfingsten gegen sechs Uhr an der Stegmühle, wo noch eine Menge an Gepäck verstaut wurde. Die Autobahn brachte die Reisegesellschaft rasch – natürlich mit den vorgeschriebenen Pausen – in die herrliche Voralpen- und Berglandschaft; so war also die Anreise schon ein wundervolles Erlebnis! Die Stimmung war dann auch erwartungsfroh und überschwänglich.
In Unterpremstätten bei Graz termingerecht angelangt, wurden wir vom Urdlwirt herzlich begrüßt. Am Abend konnte man sich nach der langen Fahrt mit einem zünftigen steirischen Backhendl kräftig stärken. Danach saß man gemütlich beisammen und freute sich auf das, was sich in den kommenden Tagen begeben sollte.
Und das begann am Samstag mit einer Stadtrundfahrt und Innenstadtführung in Graz. Dazu hatte man den Wolfgang Kersch gewonnen, der uns ebenso kompetent wie launig die Geschichte und Kultur der Stadt nahe brachte. Neben altehrwürdiger barocker und Renaissance-Baukunst bescherte die Kulturhauptstadt von 2002 der Stadt einige futuritische Bauten. Man erklomm natürlich auch den Schlossberg (darf man sagen, dass manche doch die Bergbahn benutzten?) mit seinem hochberühmten Uhrturm, von wo aus man einen herrlichen Blick über die Stadt und die sich östlich ausbreitende Landschaft hatte. Wo die Reisegruppe in der Stadt aufmerksam Herrn Kerschs Ausführungen lauschte, genoss man am Nachmittag auf der Fahrt nach Süden – lange entlang der österreichisch-slowenischen Grenze – die Schönheit der südsteirischen Weinstraße und der außergewöhnlich lieblichen Landschaft. Viel wusste Wolfgang Kersch von den sozialistischen Nachwehen und Nöten der slowenischen Nachbarn zu berichten, die sich als erste aus dem jugoslawischen Staatenbund gelöst hatten. Und dann – inmitten dieser herrlichen Umgebung – die Buschenschänke Eory mit ihrem typischen steirischen Flair: Alles stimmte, vom Essen und vom Wein übers Haus und seine Umgebung bis zur Musik – steirische Lieder, auf der Knopfharmonika begleitet! Die Brettljause – im Eory war’s die erste und sie wurde uns noch öfter serviert – ist nun eben mal eine typisch steirische und alpenländische Spezialität; ich habe sie mit großem Appetit genossen.
Der darauf folgende Tag war Pfingstsonntag und Muttertag. Man fuhr ins westlich von Graz gelegene Stallhofen zum Muttertagsfrühschoppen, wo das Große Blasorchester beim Kirchenwirt flott aufzuspielen wusste. Das – wenn auch kleines – Publikum spendete freundlichen Beifall. Hochinteressant die beiden Museen dieses Ortes, die man am Nachmittag besichtigte: Das Ambrosi- und das Krampusmuseum. Ersteres beherbergt ein bewundernswertes bildhauerisches Lebenswerk eines gehörlosen Künstlers. Zuvor aber besuchte man das Krampusmuseum. Der Krampus ist wohl eine analoge Gestalt zum Knecht Ruprecht (rauer Precht, eine vorweihnachtliche Prechtengestalt aus dem alpinen Brauchtum). Die Mitglieder hatten ihren Heidenspaß, als sie ihre Gesichter in einem Krampusgewand wiederfanden; da hatte der Krampus sein furchterregendes Wesen verloren. Am Abend gab’s bei Josef und Theresia Bauer in Mooskirchen die obligate Brettljause!
Der nächste Tag – Pfingstmontag – sah uns nach längerer Fahrt durch ein Tal der Voralpen in Salzstiegl ankommen. Hier entbrannte ein edler Wettstreit zwischen unseren Grafenauer Musikern und einer kleinen Kapelle einheimischer Musiker, die beide das Frühschoppenkonzert gestalteten. Einen Sieger brauchte es nicht zu geben: Alle haben gekonnt und flott musiziert! Nach einem zünftigen Mittagessen im urigen Moasterhaus schloss sich sozusagen der sportliche Teil des Tages an: Da wagten sich manche an’s Riesenrollerfahren auf einer doch einigermaßen abschüssigen Piste – nicht alle sind heil heruntergekommen! Wer wollte, der konnte sich im Bogenschießen versuchen. Nicht alle Pfeile trafen ihr Ziel; ich selber hab’s auch probiert und musste feststellen: So einfach ist es wirklich nicht. Anderen war ein sieben Meter hoher Kletterturm nicht zu hoch; mehr Mut erforderten die Kapriolen, die man – an langen Gummiseilen hängend – schlagen konnte. Besonders informativ jedoch der Almspaziergang, auf dem die heimische Pflanzenwelt von der kenntnisreichen Moasterhauswirtin erläutert wurde.
Der letzte Tag unserer großen Fahrt war gekommen. Nach dem Auschecken im Hotel Reif, das uns einen wohlfühlig angenehmen Aufenthalt beschert hatte, fuhr man los. Kann es sein, dass manchen der Abschied ein bisschen schwer fiel?
Erstes Ziel des Tages war das nördlich von Graz gelegene österreichische Freilichtmuseum Stübing. Die hier wiedererrichteten Bauernhäuser aus allen Bundesländern Österreichs lassen die oft notvolle Beschwerlichkeit bäuerlichen Lebens und den Überlebenskampf früherer Zeiten in den Bergregionen erahnen. Wir haben an diesem schönen Tag dort viel sehen und erleben dürfen.
So, nun ging’s aber schnurstracks nach Hause! Wir waren alle dankbar, wohlbehalten heimgekommen zu sein.
Die Steiermarkfahrt war in jeder Hinsicht für alle ein außergewöhnliches Erlebnis; sie darf sich mit Fug und Recht würdig in die Reihe der vielfältigen Vereinsreisen einfügen. Der berichterstattende Gast zollt Planern und Ausrichtern Anerkennung und herzlichen Dank, auch dafür, in einer lieben und frohen Gemeinschaft dabei gewesen sein zu dürfen. (Otto Huber)