Das Große Blasorchester unter neuer Leitung

Kein Zweifel – an diesem Abend warteten alle Anwesen­den gespannt auf den Auftritt des neuen Dirigenten Berthold Huss. Die Auswahl seiner Konzertstücke wirkte vielversprechend. Jetzt harrte man erwartungsvoll der künstlerischen Umsetzung.

Doch zuerst spannte das Jugendorchester die Gäste in der Wiesengrundhalle noch etwas auf die Folter. Der leichtfüßige Auftritt dieser gut besetzten Formati­on war für die Zuhörer ein Genuss. Mit Simone Bendig als musikalischer Leiterin hat sich das Jugendorchester in den letzten Jahren von Auftritt zu Auftritt enorm gesteigert, und auch diesmal staunte man, welch anspruchsvolle Literatur hier souverän ge­meistert wur­de. Mit bekannten Ope­rettenklän­­gen von Jac­ques Offenbach aus „Die schöne Helene“ schaff­ten die Nachwuchsmusiker ei­nen glänzenden Auftakt. Stellte man sich hier spontan ein gelocktes Bie­­der­meiermädchen mit Schür­ze und Häubchen vor, so erfuhr man von den gut gelaunten Moderatorinnen Lea Schneider und Saskia Lauser, dass Offenbach in seinem Werk die Geschichte des griechischen Liebespaares Helena und Paris erzählt, welche durch ihre Affäre den legendären Trojanischen Krieg ausgelöst hatten. Das phantasievolle Klanggemälde „The New Village“, welches die Erschaffung und das Auf und Ab eines den Natur­gewalten und menschlicher Aufbauleistung und Zerstörungswut ausgesetzten Dorfes schildert, wurde vor nicht allzu langer Zeit vom Großen Blas­orchester am Frühjahrskonzert aufgeführt. Ein Beweis mehr für das hervorragende Niveau des Jugendorchesters. Der Applaus war den Musikern und der jungen Dirigentin gewiss und wurde mit zwei flotten Zugaben belohnt.

Nach einer kurzen Umbaupause füllte sich die Bühne wieder mit einer beeindruckenden Anzahl von Musikern in dunkelroten Jackets, und Berthold Huss gab sein Debüt am Taktstock. Perfekt ausgewählt war das erste Stück des Programms, der „Bolero“ von Maurice Ravel. Wer kennt ihn nicht, wer hört ihn nicht mit Vergnügen? Ein assoziativ so positiv besetzter Auftakt öffnete dem neuen mu­sikalischen Leiter die Herzen des Publikums, welches fortan entspannt und gewogen den Darbietungen des Großen Blasorchesters lauschte. Nach ei­nem weiteren klassischen Ausflug zu Johann Strauß’ Sohn folg­te eine klangmalerische Sa­ge von Steven Reineke: „Pilatus – Berg der Drachen“. Beschrieben wird in diesem Stück der Hausberg der Schweizer Stadt Luzern – geheimnisvoll, majestätisch und umgeben von Dunkelheit und Nebelschwaden. Wagemutige Abenteurer wollen den Pilatus besteigen, um die Drachenhöhle zu suchen und den Drachen zu töten. In einem unerbittlichen Kampf werden alle Eindringlinge bis auf einen getötet. Der Überlebende bittet den Drachen um Gnade. Von Mitleid gepackt, formt der Drache aus seinen eigenen Wunden einen magischen Stein, erweckt die Gefallenen wieder zum Leben und legt damit den Grundstein für ein friedliches Zusammenleben zwischen den Menschen rund um den Pilatus, im Einklang mit der Natur und ihren Geheimnissen. Die geistigen Bilder von mutigen Bergsteigern und fauchenden Drachen waren natürlich den lebendigen und informativen Ausführungen von Sandra Vietz zu verdanken, die den fulminanten Hörgenuss dadurch noch weiter steigerte.

Der zweite Konzertteil ist traditionell der leichteren Mu-se gewidmet, und auch hier machte Berthold Huss in der Auswahl der Titel keine Fehler. Mit zwei Harry Belafonte- und Udo Jürgens-Potpourris weckte er beim Publikum angenehme Erinnerungen und versetzte den Saal in beschwingte Stimmung. Der Leistung des Großen Blasorchesters zollten die Gäste überschwänglich und großzügig applaudierend Respekt. Und bei der ei­nen oder anderen Erfrischung im Foyer blieb im Anschluss an dieses gelungene Konzert noch viel Gelegenheit, sich über diesen schönen Erfolg und das ­Zusammenwachsen von Dirigent und Orchester auszutauschen.